Lebenswerk

Vor einiger Zeit haben wir den Laden umgebaut. Größte Änderung: Der alte lilafurzgeblümte Teppich musste weichen. Acht Jahre Bratwurstterror haben ihr Spuren hinterlassen und auch wir hatten das Ding irgendwie satt.
Ausserdem mussten unbedingt neue Büchertische angeschafft werden. Die Alten wurden dem Warenbestand einfach nicht mehr gerecht.
Renovieren in den eigenen vier Wänden ist ja schon zum Haarraufen, in einer Buchhandlung aber ein absoluter Großeinsatz.

Zun Beginn gleich der erste Schock: Der Fußboden kam nicht zu dem Datum, wie er kommen sollte. Also musste die ganze Planung verschoben werden.
Elektriker, Maler und Heinzelmännchen wurden umgebucht und an einem einsamen Abend haben wir begonnen Unmegen von Büchern in Kisten verpackt in's Lager zu räumen, bis wir die Tür kaum noch zu bekamen.
Ein paar alte Tische wurden mit Bestsellertiteln bestückt und in den Mittelgang des Einkaufscenters geschoben. Ganz zumachen konnte man den Laden ja nicht. Immerhin hatten einige Kunden wichtige Bücher bestellt, die dringend abgeholt werden mussten.
Unser Bücherstand war also recht spartanisch, verglichen mit unserem sonstigen Sortiment. Der einzige Luxus: Eine alte Ratta-Ping-Registrierkasse! (So richtig mit krcht-krcht-Kassenbon!)

Als erstes durften die Elektriker ihr Können beweisen: Eine neue, effizientere und freundliche Beleuchtung sollte her. Nach einem Tag (inkl. 3 Pausen à 1 Stunde pro Elektriker) zogen die Herren ab. Und es folgte Schock 2: Einige Lampen wurden falsch montiert oder komplett "vergessen". Das durften wir also gleich reklamieren.
Anschließend kamen die Fußbodenverleger zum Einsatz. Und obwohl die Jungs noch nie einen Korkboden verlegt haben, hat es recht gut geklappt. Zumindest, was die Technik und das Ergebnis angeht. Nur der Zeitrahmen wurde überstrapaziert. Anstatt wie gepant um 12 Uhr fertig zu sein, sollte es 17 Uhr werden. Die Tischler kamen aber schon um 15 Uhr, um die neuen Möbel anzubringen. Irgendwie hat man sich aber doch arrangiert.
Bis wir den 3. Schock bekamen: Die Farbe der Möbel war anders als bestellt! Was sollen wir mit ROTEN Aufsätzen auf den Tischen?!
Nach 2 Tagen Baustellenatmosphäre war es dann soweit: Wir durften endlich....putzen! Putzen, putzen, putzen. Staub und Dreck in jeder Ecke, auf jedem Regal, in jeder Rille. Und Buchhandlungen haben verdammt viele Ecken, Regale und Rillen!

Glücklicherweise hatten wir einige Putzis (unsere Putzmänner) und Heinzelmännchen (Aushilfen), die uns tatkräftig unterstützt haben.
Anschließend durften wir alle Kisten aus dem Lager holen (Es findet sich wirklich alles wieder, was man in Kisten geschmissen hat. Leider. Auch alte Ladenhüter, die schon fast zum Inventar gehören haben sich bedauerlicherweise nicht in Luft aufgelöst.) und einräumen. Endlich!

Als das Licht im Einkaufszentrum schon lange gelöscht war, standen wir vor unserem hellerleuchteten Laden und waren schon irgendwie stolz: Es ist toll geworden. Es sieht, trotz einiger noch zu behebender Mängel, klasse aus. Und es hat Spaß gemacht. Es hat verdammt viel Spaß gemacht.

Trotzdem möchte ich es erst in 8 Jahren wieder machen!

Der Lauschangriff.

Hin und wieder bekommt man kleine Gespräche bzw Kommentare von Kunden mit. Diesmal meinte eine Oma zur anderen.

Ömchen: "Hier, schau ma'. Ganz watt Neues. So'n Büch öbba Pilates. Datt wo kommt aus Hollifutt. Vonne Madonna und so."

Andere Situation:

Ömchen: "Hach ja.... Sowatt liest mein Sohn auch immer. So'n Buch vom Stieffm Küng. Weiß auch nicht wie der sowatt lesen kann..."

Einfach nur knuffig!

Stöckchen Nummero Drei...

...diesmal zugeworfen von Anne. Sogar etwas "Buchiges"!
Aufgabe des Stöckchens ist es, das Bücherregal nach Kuriositäten zu durchwühlen. Mein Problem: Ich miste für mich nicht brauchbare Bücher aus. Rigoros. Sonst würde ich irgendwann eine Bersteigerausrüstung benötigen, um mich vom Wohnzimmer in die Küche zu bewegen. Ich hoffe, ich habe doch halbwegs sonderliche Titel ausgraben können.

1. "Meyers Handbuch über die Literatur" (1964)
2. Thomas van den Scheck "Cuts"
3. Ein Duden aus meinem Geburtsjahr (1984)
4. "Risszeichnungen der Flugzeuge des 2. Weltkriegs"
5. "Heimlichkeiten der Frauenzimmer oder Geheimnisse der Natur hinsichtlich der Fortpflanzung des Menschen" von Albrecht (1851)
6. "Delphi" von Frank Geisler (bekanntlich haben Buchhändler mit Technik so ihr Problemchen. Also: was macht das Buch in meinem Bestand?)
7. Grillparzer "Des Meeres und der Liebe Wellen" (eine schöne alte Reclam-Ausgabe. Noch in altdeutsch und ohne Erscheinungsjahr. Ich tippe auf ~ 1920)
8. "Mein Kampf" (Familienaltbestand. Sicherlich nicht aus politischen Gründen. Muss man heute ja dazusagen.)
9. Torsten Capelle "Rettet dem Dativ" (Gesammelte Fotografien und Sprüche von Hörsaalbänken.)
10. "Königs Erläuterungen zu Wolfgang Borcherts >Draußen vor der Tür<" Erstausgabe

Wie man sieht besitze ich kaum erwähnenswerte Kuriositäten. Und ich habe einen kleinen Hang zu alten Büchern.

Nun werfe ich das Stöckchen an Katharina von Bookaholics. Die kann sicher etwas damit anfangen.

Ein Appell...

...an meine lieben, süßem, knuffigen Rentner:

Hebt doch bitte nicht am Ersten des Monats eure komplette Rente ab um sie in euer Portemonnaie zu stecken um euch so zu perfekten Raubüberfallopfern zu machen!

Es ist erschreckend, bei wie vielen Rentnern man an der Kasse einen Stapel Scheine in der Börse sieht. Und die alten Leute gehen damit auchnoch so unbedacht um. Wenn das jemand (ausser mir) an der Kasse sieht und vielleicht keine netten Absichten hat.... daran mag ich garnicht denken!

Manchmal bin ich nah dran, die Leute darauf hinzuweisen, aber ich beisse mir jedes Mal auf die Zunge.

Tote Leitung

Vom frühen Vormittag bis kurz vor Feierabend des gestrigen Tages waren wir ohne Internet. Der Provider hatte ein örtlich begrenztes Problem. Der einzige Support für Geschäftskunden bestand aus einem "Wirkümmernunsdrumtschüss".
Man denkt doch immer, dass Buchhandlungen altmodisch sind, was sollen da schon für Probleme auftreten? Kurzum: Es war ein Riesenproblem!

- wir konnten keine Lagerabfragen beim Großhändler machen und den Kunden somit nicht sagen, ob das Buch am nächsten Tag mitkommt oder nicht.
- wir konnten die Kundenbestellungen nicht direkt online zum Barsortiment weiterleiten.
- wir konnten nicht online bibliographieren und recherchieren.
- wir konnten unsere Lagerbestellungen nicht per DFÜ übertragen.

Und ein System, welches so eng mit dem Internet verknüpft ist, auf Offlinebestellwege umzustellen ist keine leichte Sache. Der Tag war aus technischer Sicht als hochgradig stressig.

Echt schrecklich, wenn einem plötzlich bewusst wird, wie abhängig man von all dem technischen Kram ist.